Predigt am 1. Sonnntag nach Epiphanias

Predigt für den 1. Sonntag nach Epiphanias über Jesaja 60, 1-6

Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen

Liebe Gemeinde,
„Mache dich auf, werde Licht, zeig der Zukunft dein Gesicht, schenk dem Leben weiten Raum, hab Gottvertrauen!“: dieses Lied haben wir in den letzten Jahren mit den Sternsingerkindern gesungen und haben auf Wunsch Gottes Segen zu den Häusern gebracht.

Vor wenigen Tagen war wieder Heilige Drei Könige. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ist das sogar ein freier Tag. Aber auch dieses Fest war dieses Mal anders. Traditionell sind überall in Deutschland als Hl. Könige verkleidete Sternsinger unterwegs um Häuser zu segnen und für arme Kinder in der ganzen Welt zu sammeln. Auch in unserer Gemeinde machen wir das seit einigen Jahren. Doch dieses Jahr mussten wir uns auf das Verteilen von Briefen beschränken. Aber das Lied habe ich dennoch im Herzen. Seine Ermutigung brauchen wir in diesem Jahr besonders dringend:  „Mache dich auf, werde Licht, zeig der Zukunft dein Gesicht, schenk dem Leben weiten Raum, hab Gottvertrauen!“

Ermutigung brauchte auch das Volk am Ende des babylonischen Exils 500 Jahre vor Christus. Noch waren nicht alle zurück in Jerusalem. Stadt und Tempel waren zerstört. Und nun alles wieder neu aufbauen? Woher die Kraft nehmen? Und hat das überhaupt Sinn? In dieser trostlosen, grauen Situation brachte der Prophet Jesaja dem Volk eine Offenbarung: Ich lese aus dem Buch Jesaja im 60. Kapitel die Verse 1-6:

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!
Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden.
Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt.
Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des HERRN Lob verkündigen.

Jesaja rüttelt das Volk auf, jede und jeden einzelnen: Mach dich auf den Weg! Mach die Welt hell! Öffne deine Augen: Die Finsternis hat ein Ende! Es wird hell über dir! Gottes Herrlichkeit geht über Dir auf wie die Sonne, ja mehr als die Sonne!

Welch ein Bild! Gerade jetzt, wo wir die Kontaktbeschränkungen wegen der Coronapandemie weiter aus- und durchhalten müssen, sehne ich mich nach Licht. Und in diesen grauen Wintertagen freue ich mich über jeden Sonnenstrahl. Und dann das Bild von dieser Versammlung: Wie schön wäre es, wieder ein Fest zu feiern, wo alle dabei sein können: Kinder und Enkel und auch Eltern, Geschwister und Großeltern. Wo zudem auch die Nachbarn und Freundinnen kommen. Und wo vielleicht sogar Fremde gratulieren und mitfeiern. Auch darauf müssen wir seit bald einem Jahr verzichten.

Ja, das wäre schön. Aber gilt das auch für uns? Oder sitzen wir vielleicht da, wo „Finsternis das Erde bedeckt und Dunkel die Völker“? Manchmal kann einem das ja so vorkommen. Und was nutzen dann die schönen Bilder? Was bliebe dann von dieser Hoffnung?

Weil ich diese schöne Vision nicht für eine bloße Vertröstung halten möchte, habe ich mir mir auch die dunkle Seite angesehen. Ich habe nachgelesen, wo die hebräischen Worte für Finsternis und Dunkelheit im Alten Testament sonst noch vorkommen. An diesen Stellen werden Situationen beschrieben, in denen Gott nicht fern ist. Er ist nicht zu sehen, weil es dunkel ist. Aber Gott bereitet vor, was kommen wird.

Hier einige Beispiele: Aus der „Finsternis über der Tiefe“ heraus schafft Gott in der Schöpfungsgeschichte zunächst das Licht und dann die ganze Schöpfung (1. Mose 1,1) . In Ägypten lässt er eine Finsternis über das ganze Land fallen (2. Mose 10,21), um danach das Volk Israel in die Freiheit zu führen.

Das hebräische Wort, das Luther mit „Dunkel“ übersetzt, bezeichnet das Dunkel von Gewitterwolken. In so einem Dunkel begegnete Mose Gott um die Zehn Gebote zu empfangen, die die Menschen seither gut durch das Leben führen sollen.

Das Matthäusevangelium im Neuen Testament berichtet von einer Finsternis während Jesus am Kreuz hängt – jene Finsternis, die die Auferstehung am Ostertag vorbereitet und aus der heraus der Tod besiegt wird. (Matthäus 27,45). Ja, Finsternis und Dunkel sind erschreckend und bedrohlich. Wir Menschen können diese Art der Dunkelheit auch nicht aus eigener Kraft überwinden. Doch für Gott gibt es hier keine Grenze: „Auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag.“  steht in Psalm 139, V.17 a. Und Jochen Klepper dichtet in seinem Adventslied: „Gott will im Dunkeln wohnen und hat es doch erhellt.“

Das Dunkel das hat nie das letzte Wort. Deshalb dürfen wir diese lichtvolle Vision, die Gott Jesaja gab, auch auf uns beziehen: Mit allen Menschen dürfen wir uns zu dem Licht kommen, zu Gottes Herrlichkeit, die über uns aufgeht. Wie alle Völker dürfen auch wir unseren Reichtum mitbringen: Dazu gehört auch unsere ganze Kultur: Lieder, Technik und Gartenkultur, Demokratie, naturwissenschaftliche Forschung und unsere Art zu feiern, Plattdeutsch und Informatik …

Von dieser Verheißung dürfen wir träumen und darauf hoffen, wir dürfen darüber nachdenken und sogar damit rechnen und uns jetzt schon danach ausrichten. Diese Freude dürfen wir aber auch am ganzen Körper spüren. Sie weitet unsere Herzen und lässt es fröhlich schlagen. Deshalb lade ich Sie und Euch ein, sich zu dehnen und durchzuatmen und sich mit dem ganzen Körper nach dieser Freude auszustrecken und dieses Licht in sich aufzunehmen. Ja, noch geht es uns so, dass wir - wie die Weisen aus dem Morgenland- zunächst erstmal nur einen Stern sehen. Wie sie dürfen wir darüber hoch erfreut sein (Matthäus 2,10). Das Gold,  das Könige aus Saba und wie auch die Weisen aus dem Morgenland mitbringen, symbolisiert, dass alle irdische Macht in diesem Licht versammelt ist. Der Weihrauch, den ebenfalls beide Gruppen bringen, steht für die Heiligkeit Gottes. Nur die Myrrhe wird dann nicht mehr gebraucht – symbolisiert sie doch Jesus Leiden und Tod, der diesem Licht der Auferstehung überwunden ist.

Wie die Sonne möge diese Verheißung über dem neuen Jahr aufgehen und uns Mut für unseren Weg geben. Um es noch einmal mit dem Sternsingerlied zu sagen:

„Mache dich auf, werde Licht, zeig der Zukunft dein Gesicht, schenk dem Leben weiten Raum, hab Gottvertrauen!“ - lassen Sie uns in das neue Jahr aufbrechen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Letzte Aktualisierung: 26.04.2024 | Impressum | Datenschutzerklärung