Predigt für den Sonntag Exaudi

Predigt: Susanna Kschamer

Predigt

Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Liebe Gemeinde,

schon seit Wochen leben wir unter Bedingungen, die uns ein kleiner Virus aufgezwungen hat. Gott sei Dank: es gab bei uns bisher relativ wenige Tote und Schwererkrankte, die ersten Lockerungen ermöglichen etwas mehr Normalität und die meisten von uns können ihrem veränderten Leben auch gute Seiten abgewinnen, gerade bei dem schönen Wetter. Aber anderes wird mit der Zeit immer anstrengender und bedrängender. Niemand kann uns sagen, wann wieder Normalität einkehren wird. Das Warten zerrt an den Nerven und so mancher Zeitgenosse verliert die Geduld.

Unsere Situation passt zu diesem Sonntag zwischen Himmelfahrt und Pfingsten:  Wir erinnern uns heute an kein spektakuläres Ereignis: es ging damals um das Vor–Ort–Bleiben, es ging darum zu warten und die Geduld nicht zu verlieren. Und darauf zu vertrauen, dass Gott Jesu Jünger im Blick behält, dass ihr mit Jesus gemeinsam begonnenes Leben weiter gehen wird.

Vor drei Tagen haben wir auf der Wiese vor der Koseler Kirche einen Himmelfahrtsgottesdienst gefeiert: Vierrzig Tage war den Jüngerinnen und Jüngern der auferstandene Jesus immer wieder begegnet. Er hatte mit ihnen gesprochen,  hat vor ihren Augen gegessen. Er hat ihnen ein anderes Mal ein Frühstück bereitet und hat sich sogar von ihnen berühren lassen. Dann ist er direkt vor ihren Augen in den Himmel verschwunden. Und es blieb die vage Aufforderung in Jerusalem zu bleiben und auf die Verheißung des Vaters zu warten. Dass dazu noch der Heilige Geist verheißen wurde, machte die Sache nicht greifbarer. Einen Zeitplan gab es nicht. So zogen sie sich in das Obergeschoss eines Hauses zurück: der engere Kreis derJünger, die Frauen, die Jesus nahe standen, seine Mutter und seine Brüder. Sie beteten. Sie taten, was noch zu tun war und wählten an Stelle von Judas Iskariot Matthias zum zwölften Apostel. Sie warteten.

Eine war Situation, die Ähnlichkeit mit der hat, in der wir zur Zeit angesichts des Corona-Virus erleben. Mit all den Befürchtungen, mit manchen Hoffnungen und ohne Zeitplan.

Auch der Predigttext für den heutigen Sonntag stammt aus einer Übergangs- und Wartezeit – der erste Tempel war zerstört, viele der führende Köpfe waren noch im Exil, andere versuchten in der zerstörten Heimat die Stellung zu halten. Es war unklar, wie es weitergehen würde. Der Prophet Jeremia hat im Auftrage Gottes nicht an Kritik gespart, aber nun verheißt er dem Volk Israel in einer bedrängten Zeit eine Zukunft.

Ich lese den Predigttext aus dem 31. Kapitel des Buch Jeremia die Verse 31-34.

31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen,
32 nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloß, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR;
33 sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.
34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: «Erkenne den HERRN», sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Soweit der Predigttext.

Eine schöne Verheißung. Die Weisungen und Gesetze Gottes werden direkt in unseren Herzen sein – wir Menschen werden wissen, was wahr und was wesentlich ist. Wir halten Fakenews nicht mehr für bare Münze und halten auch nicht mehr das für wahr, was am besten zu unseren egoistische Interessen passt. Oder zu unserer momentanen Stimmung. Wir werden fähig sein, das Gute aus uns heraus zu tun – ohne einander zu ermahnen und zu bevormunden. 

Der erste Bund wird durch diesen neuen Bund nicht überflüssig. Die Erinnerung an die Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten, an den Weg durch die Wüste in der gelobte Land und an die Zehn Gebote behält ihre Bedeutung. Und auch die Erinnerung daran, was geschah, während Mose lange auf dem Berg blieb um die Zehn Gebote zu empfangen: Die Menschen verloren die Geduld. Sie versuchten zu erzwingen, was ihnen verheißen war. Sie tanzten um das Goldene Kalb und brachen die Bund mit Gott, kaum dass er geschlossen war. Mit ihrem ungeduldigen Versuch eine bessere Zukunft zu erzwingen, machten sie die Situation nur schlimmer.

Jahrhunderte lang verstanden viele Christen den Text von Jeremia so, als das der alte Bund Gottes mit den jüdischen Volk nun ablöst durch einen neuen Bund in Jesus Christus. Und als hätten wir Christen diesen neuen Bund schon, als wäre er bei uns schon Realität. Doch was wäre das für eine Mogelpackung, wenn auf das Leben blicken, das auch wir Christen leben. Wie trotzlos wäre es, wenn nicht mehr zu erwarten wäre. Wie ein billiges Ersatzprodukt, das man schnell wieder wegschmeißt. Und umgekehrt: Welche Aussichten eröffnen sich uns, wenn wir die Geduld haben zu warten, dass dieser neue Bund Wirklichkeit wird, bei uns, bei den Jüdinnen und Juden und den Menschen anderen Glaubens,  und danach Ausschau zu halten, wo er sich heute schon realisiert.

Noch sind wir darauf angewiesen voneinander zu lernen und uns gegenseitig zu korrigieren. Noch ist es weise, sich auch korrigieren und belehren zu lassen. Noch müssen wir beharrlich daran arbeiten, dass Gottes Gebote erfüllt werden und seine Gerechtigkeit sichtbar wird. Wir müssen damit rechnen, dass wir auch Fehler machen und Sünden begehen, bei denen wir auf Vergebung angewiesen sind. Doch Gott hat mehr mit uns vor

Deshalb ist es gerade in einer Krisensituation wie unserer ist es wichtig geduldig zu bleiben und nicht kurzsichtig nach dem nächsten Goldenen Kalb zu greifen. Sondern weiter mit dem Heiligen Geist zu rechnen.  Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.(2Tim 1,7)

Und so grüße ich mit Worten des Apostels Paulus: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 24.04.2024 | Impressum | Datenschutzerklärung