Predigt zum 2. Advent

Predigt zum 2. Advent 2020 über Jakobus 5, 7-11

Sind Sie eigentlich geduldig, liebe Gemeinde? Können Sie es gut aushalten auf etwas warten zu müssen?
Oder fällt Ihnen das eher schwer? Gerade dann, wenn etwas wichtiges erledigt werden muss. Oder eine
schlechte Situation verändert?
In der Kindheit hat die Adventszeit wohl die meisten von uns auf eine schwere Probe gestellt. Die Zeit
schien ewig zu dauern, bis es endlich der Heilige Abend da war, die Lichter am Weihnachtsbaum
brannten und die Geschenke unter dem Baum ausgepackt werden.konnten. Wie gut dass uns
Adventskalender und Adventskranz die Zeit verkürzt und gestaltet haben.
Zur Zeit warten große Teile der Menschheit auf das Ende der Corona-Pandemie, auf einen Impfstoff, der
uns schützt, auf Medikamente, die helfen und darauf, dass wir wieder unser gewohntes Leben leben
können. Da gibt es leider keinen Adventskalender an dem wir die Tage oder Wochen abzählen könnten.
Und so mancher Zeitgenosse wird ungeduldig. Besonders dann, wenn man sich Sorgen um seine
Gesundheit, die wirtschaftliche Existenz oder den Arbeitsplatz machen muss. Oder wenn fürchtet etwas
zu verpassen, was sich nie wieder nachholen lässt.
Auch sonst ist Geduld in unserer Gesellschaft keine weit verbreitete Tugend. Alles muss möglichst sofort
erledigt werden, Wartezeiten gelten als unproduktiv und sind zu vermeiden. Die Digitalisierung vieler
Lebensbereiche unterstützt diesen Trend. Oft ist Stress und Hektik die Folge. Doch ganz ehrlich: oft ist
das auch gut, denn viele Probleme werden auf diese Weise zeitnah auch zeitnah gelöst.
Doch eigentlich müssten wir Christen ja Weltmeister in der Geduld und im Warten sein. Denn schon
Jahrhunderte lang warten in der Adventszeit nicht nur auf Weihnachten., Wir bedenken in dieser Zeit
auch , dass wir auf die Wiederkunft Christi warten. Darauf, dass das Reich Gottes beginnt und die Welt
dann endlich so sein wird, wie Gott sie gemeint hat. Um dieses Warten geht es im Predigttext für den
zweiten Advent:

Jakobus 5, 7-11

So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare
Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. 8 Seid auch ihr
geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe. 9 Seufzt nicht widereinander,
liebe Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür. 10 Nehmt, liebe
Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die geredet haben in dem Namen des
Herrn. 11 Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und habt
gesehen, zu welchem Ende es der Herr geführt hat; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.

Das Beispiel ist sehr einleuchtend: Die Vegetation kann man nicht beschleunigen. Oder um es mit einem
populären Spruch auszudrücken: Das Gras wächst dadurch nicht schneller, dass man daran zieht. Da muss
man Geduld haben, bis die Früchte reif sind und so solange mit der Ernte warten.
Doch macht der Apostel es sich mit diesem Bild nicht etwas zu einfach? Schließlich ist die Zeit der Ernte
absehbar: Spargel gibt es im Mai, den Weizen erntet man im Juli, die Weinlese ist im September - da gibt
es keinen Grund zur Ungeduld.
Würde ich das auch sagen, wenn ich nicht jederzeit in einen Supermarkt gehen und mir fast jedes
Nahrungsmittel kaufen könnte? Wenn ich darauf angewiesen wäre mir Vorräte anzulegen und bangen
würde, ob ich damit bis zur nächsten Ernte auskommen und meine Familie ernähren kann?
Viele von Ihnen können sich noch gut an eine Zeit erinnern, in der man selbst vorsorgen musste. In der
Marmelade nicht nur deshalb kochte, weil sie viel besser schmeckt, als die gekaufte? So war es hier bis
vor wenigen Generationen und in vielen anderen Ländern ist es immer noch so. Da war Geduld gefordert
und zur Geduld gehört das Vertrauen, dass es weitergeht, dass Gott auch dann da ist, wenn scheinbar
gerade nichts passiert.
Welche wichtige spirituelle Kraft in der Geduld liegt, habe ich von Muslimen gelernt. Da war einer in
einer schwierigen Wartesituation. Vieles stand auf dem Spiel. Doch im Moment konnte er nichts tun, um
die Situation zu verbessern. Ein älterer Bekannter tröstete und unterstützte ihn. Ich verstand nichts von
ihrem Gespräch. Aber es fiel immer wieder das Wort Sabr – Geduld.
Geduld werden wir besonders in dieser Adventszeit und darüber hinaus brauchen. Nicht nur die Pandemie
fordert uns in diesem Jahr sehr heraus. Immer wieder stellt sich die Frage, ob sich das Geduldigsein auch
lohnt. Doch der Apostel macht uns Mut: Mut auf Gott zu vertrauen, der barmherzig und unsere Geduld
daher nicht ins Leere laufen lässt, sondern uns am Ende und am Ziel belohnt.
Möge Gott unsere Geduld segnen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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